Zwei intensive Wochen liegen hinter dem amtierenden Rallye Staatsmeister Simon Wagner. Der Oberösterreicher bestritt mit der Rebenland Rallye in Leutschach und der FIA ERC Rally Azores gleich zwei Veranstaltungen, die Luftlinie nicht weniger als 3.468 Kilometer voneinander entfernt sind, und feierte dabei große Erfolge.
Der Startschuss für Wagners Saison erfolgte vor knapp zwei Wochen in Leutschach in der Steiermark, wo mit der Rebenland Rallye der erste Lauf der heurigen Rallye Staatsmeisterschaft stattfand. Bei der auf Asphalt ausgetragenen, für ihre durch den vom Winter übrigen Rollsplitt schwierigen Streckenbedingungen bekannten Rallye lieferte Wagner den zahlreichen Zusehern einen spannenden Sekundenfight mit Hauptkonkurrent Hermann Neubauer und konnte gemeinsam mit Beifahrerin Anne Katharina Stein schließlich den ersten Gesamtsieg der Saison einfahren.
Quasi direkt von der Zielrampe, ging es für Wagner – nun wieder mit Stammbeifahrer Gerald Winter, der während der Rebenland Rallye stolzer Vater einer Tochter geworden war und daher pausierte – und Team auf die portugiesische Azoren Insel Sao Miguel. Beim zweiten von insgesamt sieben Läufen der FIA Rallye Europameisterschaft wollte Wagner dort in erster Linie Schottererfahrung mit dem Skoda Fabia Rally2 sammeln:
„Für mich war schon die Tatsache, dass ich auf den Azoren mit einem Rally2 Fahrzeug, also in der höchsten Kategorie der ERC starten kann ein absoluter Traum.“, berichtet Wagner. „Ich bin unglaublich stolz und dankbar, dass ich das gemeinsam mit meinem Team und unseren Sponsoren und Unterstützern realisieren konnte und wollte in erster Linie unsere noch recht bescheidene internationale Erfahrung auf Schotter auszubauen und eine solide Punkteausbeute für den Auftakt unseres ERC Programms mitnehmen.“, so Wagner weiter.
Angesprochen auf seine Vorstellungen im Hinblick auf die Platzierung am Ende der Rallye, gab sich der gebürtige Mauthausener vor dem Start noch eher zurückhaltend, waren viele der Kontrahenten dieselben Sonderprüfungen wie bei der diesjährigen Ausgabe der Rallye doch erst vor sechs Monaten gefahren.
„Natürlich starten wir immer mit dem Ziel uns so weit wie möglich vorne im Klassement zu platzieren.“, sagt Wagner. „Bei meinem ersten ERC Lauf auf Schotter aber von einer Podiumsplatzierung auszugehen, wäre vermessen gewesen. Insbesondere auf den Azoren spielt die Streckenkenntnis eine große Rolle und obwohl ich dort bereits zwei Mal mit einem frontangetriebenen Fahrzeug am Start stand, bin ich bedingt durch technische Probleme noch nie ins Ziel gekommen. Da die letztjährige Ausgabe der Rallye erst im September stattgefunden hatte, waren einige meiner Konkurrenten im Gegensatz dazu erst vor einem knappen halben Jahr auf genau diesen Strecken unterwegs.
Entsprechend war ein Ergebnis innerhalb der Top 7 unser angepeiltes Ziel, die Top 5 der Traum.“
Dass es sich hier um eine mehr als realistische Einschätzung der Möglichkeiten handelte, stellten Wagner und Winter bereits am Donnerstag mit einer siebten Zeit auf der sogenannten Qualifying Stage unter Beweis und qualifizierten sich somit dafür, als siebte der ersten 15 Platzierten Crews ihre Startposition für die erste Etappe auswählen zu können.
„Die richtige Startposition war bei diesem Event von großer Bedeutung und deren Auswahl eine besondere Herausforderung.“, erklärt Beifahrer Winter. „Durch ihre Lage mitten im Atlantik sind die Azoren bekannt für ihre extremen und vor allem schnell veränderlichen Wetterbedingungen. Auf Sonnenschein kann dort blitzartig monsunartiger Regen folgen und genau dieser, war für die gesamte erste Etappe angesagt. Gemeinsam mit dem Team haben wir was das angeht eine gute Strategie gefunden und konnten so, wie gewünscht auf Startposition 8, direkt hinter dem Lokalmatador und elf-maligen Sieger Ricardo Moura ins Rennen gehen.“
Der restliche Verlauf der Veranstaltung gleicht aus österreichischer Sicht einer kleinen Sensation. Von Beginn an konnte Wagner das Tempo der Spitze aus eigener Kraft mitgehen und etablierte sich im Verlauf des Tages nicht nur als Anwärter auf einen Podestplatz, sondern markierte auf den Sonderprüfungen 4 und 6 sogar seine erste und zweite Gesamtbestzeit bei einem Lauf der Rallye Europameisterschaft.
Am Ende der ersten Etappe lagen Wagner und Winter in der Folge sogar auf einem fabelhaften zweiten Rang und damit mittendrin, in einem spannenden Kampf um die Stockerlplätze. Die ersten vier des Klassements trennten nach knapp 118 absolvierten Wertungskilometern gerade einmal 11,7 Sekunden.
„Natürlich waren wir am Samstagabend extrem zufrieden und glücklich.“, so Wagner. „Für uns hat alles gepasst. Das Team hat einen ausgezeichneten Job gemacht, zwischen Gerry und mir hat im Auto alles harmoniert und vom Auto über unsere Michelin Reifen bis hin zum Benzin von P1 Racing war einfach alles perfekt.“ Den nun greifbar nahen Podestplatz ließen sich Wagner und Winter schließlich auch im Verlauf des zweiten Tages nicht mehr nehmen.
Zwar begnügte sich das Duo schließlich mit Platz 3, übertraf aber auch damit alle Erwartungen um Längen und traf was den Kampf um die absolute Spitze angeht spätestens vor dem Start der letzten Sektion eine Vernunftsentscheidung:
„Wir wussten, dass sowohl der zu diesem Zeitpunkt Zweitplatzierte, der Spanier Efren Llarena, als auch der Führende Ricardo Moura zu mehr als 100% auf Sieg fahren. Für uns war klar, dass wir, um uns in diesen Kampf noch ernsthaft einmischen zu können, Risiken eingehen müssten, die uns nicht nur ein eh schon sensationelles Ergebnis, sondern aufgrund des knappen Budgets im schlimmsten Fall auch unser
restliches ERC Programm hätten kosten können.“, sagt der 28-jährige Wagner. „Gleichzeitig hatten wir uns nach hinten bereits ein gewisses Polster erarbeitet und so stand für uns schnell fest, dass wir hier auf Sicherheit gehen und nicht mehr pushen werden.“
Der Lohn, nicht nur für diese sinnige Entscheidung, sondern auch für die intensiven Anstrengungen diesen Start und das heurige Programm in ÖRM und ERC überhaupt zu realisieren könnte für Wagner, Winter und Team kaum süßer sein: Mit Platz drei bei einem Europameisterschaftslauf wurden nicht nur alle Erwartungen übertroffen, sondern auch das beste internationale Ergebnis eines österreichischen Teams seit Jahren erzielt. Abgerundet wird der Erfolg mit zwei Zusatzpunkten für die Powerstage und dem Sieg in der Sonderwertung der Michelin Talent Factory.
Weiter geht es für das Team bereits in zwei Wochen bei der Lavanttal Rallye, bevor im Mai mit dem Lauf auf Gran Canaria der nächste ERC Lauf im Kalender steht.